Historischer Heimatpfad von Neuenhaus

Ausgangspunkt dieser naturkundlichen Wanderung war das im Aichtal gelegene Waldenbuch. Bevor es jedoch auf den Weg ging erhielt die Wandergruppe noch einige Informationen zur Ortsgeschichte. Waldenbuch wurde erstmals 1296 urkundlich erwähnt. Dessen Stadtrechte sind ab 1363 bezeugt. Seit dieser Zeit gehörte die Stadt zu Württemberg, stand aber unter einem Rückkaufsrecht Österreichs, welches erst durch Graf Eberhard im Bart Ende des 15. Jahrhunderts abgelöst wurde. Von hier an war der Ort Sitz des Waldvogtes über den Schönbuch, als dann 1807 der Sitz der oberen Forstverwaltung nach Bebenhausen verlagert wurde, verlor der Ort zunehmend an Bedeutung.

Zwei Gebäude sind durch ihre Baugeschichte eng miteinander verknüpft. Die Stadtkirche St. Veit deren Ursprünge auf das 14. Jahrhundert und das Schloss Waldenbuch, ein Jagdschloss der württembergischen Herzöge dessen Kern der Anlage auf eine Burg aus dem 13. Jh. zurückgeht. Unter Herzog Christoph wurde für die Erweiterung des Schlosses das bestehende Kirchenschiff abgerissen und dafür ein neues auf der Ostseite des Kirchturmes errichtet. Heute befindet sich in dem Schloss das „Museum der Alltagskultur“ eine Außenstelle des württembergischen Landesmuseums Stuttgart. Vor dem Anstieg auf den Betzenberg erhielt jeder Mitwanderer noch eine Rippe eines Quadrates, damit die Region nicht nur augenscheinlich sondern durch deren Produkte auch geschmacklich erlebbar wurde.

Der Betzenberg liegt nordöstlich der Brombergspalte, einer wichtigen tektonischen Bruchlinie, die sich durch den Schönbuch zieht. Damit liegt der Berg auf der nördlichen Schönbuchscholle, die sich gegenüber den südlichen stark abgesenkt hat. Auf der nördlichen ist im Gegensatz zur südlichen Scholle die älteste Schicht des Jura, der Schwarze Jura, großflächig erhalten geblieben. Letzterer bildet auch die Decke des Betzenbergs. Erst darunter folgen die für den Schönbuch typischen Keuperschichten. Die südlich des Bergs fließende Schaich schneidet diese Schichten bis zum Stubensandstein an, große Teile des Südhangs werden durch Knollenmergel gebildet.  Der Betzenberg gehört ganz zum nordöstlichen Bereich des mehrteiligen und ca. 112 km² großen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets Schönbuch. In dessen Seen, Tümpeln sowie in der üppigen Ufervegetation des Tals sind seltene Arten wie Eisvogel, Feuersalamander und Wasseramsel und zudem die bisher in Württemberg nur dort gefundene Bauchige Windelschnecke zu finden.

Neben den heimischen Baumarten (hauptsächlich Buchen) wachsen am Betzenberg aus Nordamerika importierte Riesenmammutbäume. Nachdem diese Baumart erst 1850 von den Europäern entdeckt worden war, ließ König Wilhelm I. Samen nach Europa bringen und in der Wilhelma aussäen. Im kalten Winter 1879/80 erfroren allerdings die meisten dieser Bäume, die wenigen verbliebenen wurden unter anderem auch im Schönbuch verteilt. Bald war das sogenannte Weiße Häusle erreicht, wo nun auch eine kleine Rast eingelegt wurde. Dicht bei ihm stehen drei Exemplare dieser Gattung unmittelbar nebeneinander.

Gestärkt ging es nun weiter zu dem historischen Heimatpfad von Neuenhaus. Im Schönbuch gab es zahlreiche Waldweideflächen, die dem Wild reichlich Nahrung boten. Als erstes wurde einer der sogenannten Pirschgräben erkundet. Diese wurden ausgehoben damit die Jäger ohne bemerkt zu werden näher an das Wild gelangen konnten. Etwas weiter war, für diese Höhenlage untypisch, ein Bruchwald zu sehen. Bruchwälder bestehen in der Regel aus Erlen, Birken oder Kiefern und sind, besonders im Winter und Frühjahr vernässt, zeitweise auch überstaut oder überflutet. Hier musste also eine wasserundurchlässige Bodenschicht vorhanden sein, eine Erklärung sollte sich etwas später hierfür finden.

Weiter führte der Weg vorbei an einem alten staatlichen Steinbruch in dem Stubensandstein gebrochen wurde, viele Bürger fanden damals in ihm Arbeit um ihre Familien zu ernähren. Aus dem Stubensandstein wurden einst Mühlsteine, Bausteine, Treppen, Tor- und Türeinfassungen angefertigt. Dieser Sandstein war Baumaterial vieler Kirchen unter anderem auch des Ulmer Münsters.

Zu sehen waren auch viele hallstattliche Grabhügel aus der Zeit ca. 800-400 v. Christus. Zahlreiche Bestattungsplätze der Kelten bezeugen eine frühe Besiedelung des Schönbuchs. Hier oben befand sich auch eine Waldbruderklause, von der einstigen Behausung stehen lediglich noch zwei steinerne Türpfosten. Die Bezeichnungen: Mönchwiese, Mönchquelle, Mönchbuckel, Mönchhalde und Bruderholz erinnern noch an diese. Kohlen, Schutt, Eisengeräte etc. die man hier ausgegraben hat, lassen auf eine gewaltsame Zerstörung durch Feuer schließen.

Unter König Wilhelm I. erhielten die Gemeinden 1822 das Recht der Holznutzung selbst zu regeln. Viele Grenzsteine bezeugen dies. Der gewählte Schultheiß einer Gemeinde überwachte die Verteilung an die Handwerker wie Zimmermann, Schreiner, Küfer, Maurer, Steinmetz und ebenso die Verteilung des Brennholzes an die Bevölkerung.  Etwas abseits vom Weg konnten in dem Sandstein eines Bachbettes tief eingeschnittene Wagenspuren erkannt werden. Auf Grund dieser Spuren ist davon auszugehen, dass die Wagen schwer beladen gewesen sein müssen. Eine einleuchtende Erklärung dürfte sein, dass einst auf diesem Weg Sandsteine aus dem dahinter liegenden Steinbruch abtransportiert wurden.

Am Ende des Lehrpfades gelangte die Gruppe an ehemalige Tongruben. In der Eiszeit bliesen Stürme Lößstaub in dieses Gebiet. Diese dadurch entstandene Lehmschicht führte unter anderem auch dazu, dass oben auf dem Betzenberg sich Auenwälder bilden konnten. Dieser Lehm diente den in Neuenhaus angesiedelten Töpfern auch zur Ausübung ihres Handwerkes. Im Jahr 1848 gab es im Ort 78 Hafnermeister, das heißt fast zwei Drittel der Berufstätigen übte dieses Handwerk aus. Zuerst grub jeder seinen Ton an beliebiger Stelle. Diese dadurch entstandenen Gruben bildeten aber für die fürstlichen Jagdgesellschaften Gefahren, so dass eine Verfügung erlassen wurde, dass nur noch an ausgewiesenen Stellen nach Ton gegraben werden durfte. Für das Tongraben hatte jeder Meister jährlich 100 Stück Eier, ab 1819 jedoch aber 40 Kronen zu entrichten. Die Töpfer durften ihre Waren auf fremden Märkten und durch Hausierhandel in anderen Orten verkaufen.

Nun am Ende des Lehrpfades angekommen stand der Abstieg ins Tal der Aich nach Neuenhaus an. Zu dem Ort noch einige Informationen. Neuenhaus wurde 1312 als Neues Haus (zem Niwenhuse) zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Es handelte sich um eine Wasserburg der Tübinger Pfalzgrafen, neben der ein grundherrschaftliches Dorf entstand. 1347 wurde Neuenhaus bereits aus Geldnot an Württemberg verkauft. Auf den Fundamenten der alten Wasserburg wurde um 1600 das heute erhaltene Fachwerkhaus Schlössle erbaut. Die Haupteinnahmequelle des Ortes war das Töpferhandwerk, dies spiegelt sich auch im Ortswappen wieder, das einen Tonkrug auf einer Töpferscheibe zeigt. Heute werden die Neuhausener im Volksmund noch als die Hafner bezeichnet. Weitere Einkommensquellen waren Krebse, die in der Schaich gefangen und regelmäßig bis nach Stuttgart und Tübingen verkauft wurden und der bis 1832 betriebene Weinanbau am Uhlberg.

Eine gelungene Schlusseinkehr rundete einen erlebnisreichen sonnigen Frühlingstag ab, bevor es wieder mit Bus und Bahn nach Hause ging.