Am Samstagvormittag strahlte die Sonne bereits wärmend vom Himmel, als sich eine kleine Wandergesellschaft der Ortsgruppe Bietigheim des Schwäbischen Albereins am Bietigheimer Bahnhof zur anstehenden Tageswanderung, die sie am Rande des Kraichgaus entlangführen sollte, einfand.
Zunächst fuhr die Gruppe mit der Bahn von Bietigheim über Mühlacker nach Kleinvillars. Dort angekommen, verließen die Albvereinler den Zug, durchschritten den kleinen Waldenserort und erreichten alsbald unbebautes Gelände. Zur rechten Seite des Weges erstreckten sich Weide- und Streuobstwiesen, linker Hand tat sich der Wald auf, in den die Gruppe sodann eintauchte. Forstarbeiten der letzten Wochen hatten hier den Boden teilweise aufgeweicht, so dass von den Wanderern Umsicht bei der Erlangung von Trittsicherheit und Behendigkeit beim Überwinden manch quer über dem Weg liegender Baumstämme gefordert war. Für die Teilnehmer, allesamt geübt und erfahren, stellten diese Widrigkeiten jedoch keine Schwierigkeiten dar. Nach wenigen Kilometern lichtete sich der Wald und die Gruppe trat ins Freie. Vor sich erblickten die Albvereinler in einer Senke die Fauststadt Knittlingen, Zielort der ersten Touretappe.
Den Hügel hinab und am Ortsrand angelangt, ging es durch von Fachwerkhäuser gesäumte Gassen bis zum alten Rathaus, in dem das Faust-Museum eingerichtet ist. In der Stadt wurde 1480 Georg Johann Faust geboren, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor allem im süddeutschen Raum als Wunderheiler, Astrologe, Alchemist und Vertreter mehrerer Pseudowissenschaften gewirkt haben soll. Sein Tod infolge eines vermutlich fehlgeschlagenen Schwarzpulverexperiments entwickelte sich zur Sensationsgeschichte und begründete durch Ausgestaltung und Hinzuerfinden schließlich den Faust-Mythos, welcher zunächst überwiegend im englischsprachigen Raum in Literatur und Schauspiel verarbeitet wurde, bevor er den Weg zurück in deutsche Lande fand und schließlich auch von Goethe in seinem berühmten Werk aufgegriffen wurde. Die Albvereinler erfuhren bei einer informativen, zugleich unterhaltsamen und kurzweiligen Museumsführung einiges über das Leben und Wirken des historischen Fausts und vieles über den Faust in Literatur, Puppenspiel, Theater, Musik und Film. Mit neuem Wissen versorgt, ließ die Gruppe nach kurzer Vesperpause die Stadt hinter sich und begab sich auf die zweite Marschetappe.
Nun verlief der Weg in weiten Schleifen leicht bergansteigend. Allmählich wurde der Pfad steiler. Schließlich wanden sich die Schleifen zu Serpentinen. Ein letzter Anstieg, und eine Sitzbank samt Aussichtspunkt war erreicht. Den Wanderern eröffnete sich ein weiter Blick über die unter ihnen liegende Landschaft: Im Osten die Ausläufer von Maulbronn, vor ihnen die Staatsdomäne Elfinger Hof und der Aalkistensee, das Band der B 35 und im Nordosten das zurückgelassene Knittlingen. Die Gruppe marschierte nun weiter in östliche Richtung auf zumeist ebener Strecke durch den Wald, bevor der Weg abfiel und Maulbronn erreicht war. Die zurückliegenden Kilometer hatten die Albvereinler in flüssigem Schritt absolviert, sich somit ein kommodes Zeitpolster erwandert. Man entschied sich, eine Kaffeepause einzulegen und hierfür einen Abstecher zum Kloster zu unternehmen. Nach kurzer Gehzeit war das Kloster erreicht und eine gemütliche Kaffeestube zur Rekreation gefunden. Gestärkt und erweckt, machte sich die Gruppe alsdann zur dritten Etappe auf.
Die Wanderer durchmaßen den Klosterhof, querten die Ortsstraße und erklommen die Hügelkette am Südrand der Stadt. Oben angekommen, befanden sich die Albvereinler auf einem Abschnitt des Eppinger-Linien-Weges. Die Eppinger Linie wurde als befestige Verteidigungslinie während der pfälzischen Erbfolgekriege in den Jahren 1695-1697 auf Geheiß des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden errichtet, um befürchtete Raubzüge der Franzosen abzuhalten. Für den Bau dieses Wall-Graben-Systems, das sich von Pforzheim über Mühlacker, Eppingen bis nach Neckargemünd erstreckte, wurde die Zivilbevölkerung umliegender Dörfer zwangsverpflichtet. Freiwillig stieg dafür die Wandergruppe den hier zum Teil noch vorhandenen Erdwall empor und marschierte diesen, mit Blick auf den danebenliegenden Graben, entlang. Kurz vor Ötisheim entließ der Wallpfad die Gruppe auf asphaltiertes Terrain. Ein letzter Abstieg durch den Wald und schon kamen die ersten Häuser von Ötisheim in Sicht. Zum gelungenen Abschluss gab der Wanderführer seinen Mitwanderern noch den kompletten Monolog des Faust, Osterspaziergang „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche ….“ von Johann Wolfgang von Goethe zum Besten. Zielstrebig schlugen die Wanderer den Weg zur Lokalität der Schlusseinkehr ein. Dort bestand bei leiblichen Genüssen ausreichend Gelegenheit, sich von den zurückgelegten Kilometern zu erholen und sich über die Erlebnisse des Tages auszutauschen. Anschließend waren es nur noch wenige Schritte bis zum Bahnhof, von wo der Zug die Albvereinler wohlbehalten nach Bietigheim zurückbrachte.