„Mit dem Schwäbischen Albverein Bietigheim von Fellbach durch Weinberge über den Württemberg nach Uhlbach“
Eine 16köpfige Wandergruppe traf sich am Bahnhof Bietigheim. Mit S-Bahn und Bus ging es zum Ausgangspunkt der Wanderung bei der neuen Kelter in Fellbach. Hier bestand die Möglichkeit, sich an Tafeln erste Informationen zum Thema der Mensch im Mittelpunkt des Weinbaues zu holen, bevor es auf die Strecke ging. Pünktlich zum Wanderbeginn lichtete sich der Hochnebel, und die Sonne trat hervor. Entlang des Weinwanderweges ging es durch die Rebanlagen hoch zum Kappelberg, wo es weitere Informationen über das Weinjahr, die Vielfalt der Rebsorten und Winzergeschichten gab. Es wurde allerdings anstatt der steilen Staffeln die etwas gemütlichere Aufstiegsvariante gewählt. Auf Grund der in diesem Jahr frühen Weinlese waren jedoch nur noch wenige der prächtigen Trollingertrauben an den Rebstöcken zu sehen. Teilweise hatte auch schon eine erste Laubfärbung eingesetzt.
An der Panoramaterrasse wurde eine erste Pause eingelegt, von der sich herrliche Blicke in die Landschaft boten. Beginnend von den drei Köpfen, dem Kleinheppacher-, dem Hörnles- und dem Korber Kopf, die den Zugang zum Remstal markieren, sah man weiter den Lemberg, den Schweinsberg bei Heilbronn, die Heuchelberger Warte, den Hohenasperg und den Burgholzhof hin zum Schloss Rosenstein. Weiter aufwärts führte der Weg jetzt zum NSG am Kappelberg, der den westlichsten Ausläufer des Schurwaldes bildet. Der Name Kappelberg rührt von einer Wallfahrtskapelle her, die im Jahr 1819 abgerissen wurde. Auf dem Kappelberg sind Reste einer durch Wälle und Gräben gesicherten Fliehburg aus vorgeschichtlicher Zeit vorhanden. Bei der erst 1968/69 durchgeführten Rebflurbereinigung wurde die Burgruine Kappelberg wieder entdeckt und freigelegt. Die Ruine zählt zu den historisch bedeutendsten Stätten des Landes. Sie war nämlich mit einiger Wahrscheinlichkeit die erste „Stammburg“ der Württemberger, die sich um 1080 zunächst Beutelsbach benannten, bevor sie den Namen der neu errichteten Burg Württemberg übernahmen. Der Weg führte jetzt über Rebhängen am Rande des Kappelbergs weiter, kurz durch ein Waldstück, bevor sich wieder ein freier Blick auf die auf dem Württemberg thronende Grabkapelle, den Goldberg und den Mönchberg zwei gute Untertürkheimer Weinlagen sowie auf die am Neckar liegenden Industrieanlagen bot. Ein kurzes Wegstück weiter bei der Egelseer Heide wurden Trockenmauern in einer Kleingartenanlage als Sitzgelegenheit zur Rast genutzt. Zum mitgebrachten Vesper konnten zusätzlich wärmende Sonnenstrahlen genossen werden.
Erholt und ausgeruht ging es nun wiederum durch Weinlagen weiter nach Rotenberg. Auf dem Weg dorthin lag das nächste Ziel, die Grabkapelle auf dem Württemberg sowie das Endziel der Weinort Uhlbach im Blick. Von Rotenberg lag nochmals ein kurzer Aufstieg zur Grabkapelle vor der Gruppe, in der eine Besichtigung eingeplant war. Es ist einer der schönsten Aussichtspunkte Stuttgarts. Zur Geschichte: Hier oben stand schon im 11. Jh. eine der ältesten steinernen Höhenburgen des Landes, die Stammburg der Württemberger. Von hier aus gelang es diesen, bis Ende des 12. Jh. Besitztümer im Remstal bis nach Waiblingen hin, in Cannstatt und neckarabwärts bis Marbach an sich zu bringen. Durch Heirat gewann Graf Ulrich I. Stuttgart hinzu. Nun war die Bergburg zu eng, der Sitz der Württemberger Grafen wurde Anfang des 14. Jahrhunderts in das repräsentativere und bequemere Stadtschloss zu Stuttgart verlegt. In der Folgezeit wurde die Burg nur noch von Vögten bewohnt und verwaltet. Sie blieb jedoch im Besitz des Württemberger Hauses. Mehrfach fiel sie kriegerischen Auseinandersetzungen zum Opfer und wurde immer wieder aufgebaut – nicht zuletzt, um die Tradition der namensgebenden Stammburg zu erhalten. König Wilhelm I. brach 1819 mit dieser Tradition. Nach dem frühen Tod seiner geliebten Gemahlin, der russischen Großfürstin Katharina, wurde die Burg geschleift, um hier für die Königin eine Grabkapelle zu erbauen. Hofbaumeister Giovanni Salucci erhielt den Auftrag, dieses Monument des schwäbischen Klassizismus zu errichten. Die Grabkapelle entstand zwischen 1820 und 1824. In ihr sind außer Katharina Pawlowna (1788–1819) auch König Wilhelm I. (1781–1864) und ihre gemeinsame Tochter Marie Friederike Charlotte von Württemberg (1816–1887) bestattet. Die Grabkapelle diente von 1825 bis 1899 als russisch-orthodoxes Gotteshaus. Auch heute findet jedes Jahr am Pfingstmontag ein russisch-orthodoxer Gottesdienst statt. Besonders erwähnenswert ist der Spruch der über dem Haupteingang im Westen steht „Die Liebe höret nimmer auf.“
Nichts kann die Stimmung, die einen hier oben befällt, besser umschreiben als das Gedicht „DER ROTENBERG“ von Fjodor Iwanowitsch Tjutschew (1803–1873). Es wurde um 1835 von Ludolf Müller aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt.
„Im Tal der Fluss. Auf steilen Hügeln, an seinen Ufern wächst der Wein,
Und auf des Abendwindes Flügeln zieh´n Wolken hell im Sonnenschein.
Des Wandrers Blick, emporgehoben vom grünen Tal ins Himmelblau,
sieht auf dem Bergesgipfel droben der runden Kirche lichten Bau.
Hier kam zur Ruh der Strom des Lebens, hier ist der Toten ernste Gruft,
hier ist das Ziel des Erdenstrebens, und leicht und rein ist hier die Luft.
Still scheint hier die Natur zu lauschen auf ihres eignen Herzens Schlag,
Und Wind und Fluss und Bäume rauschen ein Lied vom ewigen Feiertag.“
Nach dem Besuch der Grabkapelle erfolgte ein Rundgang um diese, der nochmals herrliche Blicke in die Landschaft bot, nämlich südöstlich zum Katharinenlindenturm, auf den Ort Rotenberg und in das Stuttgarter Becken, auf die drei Sendetürme, einmal aus einem ungewohnten Blickwinkel von links, auf den Fernsehturm und den Bopser, den Sendeturm, den Frauenkopf und den Funkturm auf dem Raichberg. Auch die Spielstätte des VfB Stuttgart war gut zu erkennen, dieser Verein hat den Wahlspruch der Württemberger übernommen „Furchtlos und treu“, was immer bei diesen es auch bedeuten mag?
Abwärts ging es nun in das Weindorf nach Uhlbach. Idyllisch in einem Talkessel gelegen, umgeben von Weinbergen, ein Dorf wie aus dem Bilderbuch, mit Fachwerkhäusern, Denkmalen, urigen Lokalen und einem Weinlehrpfad rund um das Dorf. Uhlbach ist eines der ältesten Weindörfer Württembergs, seit mehr als 750 Jahren wird hier Wein angebaut. Carl Julius Weber schrieb einst: „Beim Anblick dieses glücklichen, verborgenen, mitten in den Weinbergen liegenden Dörfchens wünschte ich mir, Pfarrer da zu sein.“ Der fromme Wunsch stammt aus dem Jahr 1800. In einem gemütlichen Weinlokal erfolgte nun die Schlusseinkehr, zu fast vergessenen uralten schwäbischen Gerichten wurde natürlich auch ein guter Tropfen nicht verschmäht. Bei netter Unterhaltung verging die Zeit allzu schnell. Von der unweit gelegenen Haltestelle brachte der Bus die Wandergruppe nach Obertürkheim, von wo es dann mit der S-Bahn nach Bietigheim zurückging. Hier nahm ein sonniger, erlebnis- und aussichtsreicher Wandertag sein Ende.