Neben den größeren Wanderungen führt der Albverein Bietigheim auch kürzere Unternehmungen durch, um denjenigen Teilnehmern Gelegenheit zu bieten, gesellig beisammen zu sein, denen längere Wanderungen zu beschwerlich sind. Diese „Wanderspaziergänge“ dauern 1 Stunde und beinhalten möglichst keine Steigungen. Den Schluss bildet jeweils ein froher Gedankenaustausch in einem Café.
Dieser Tage wurde mit dem Köpenick ein Stadtteil besucht, der manchem Teilnehmer recht unbekannt war. Nach einem leichten Anstieg über die Ulrichstraße war die Ringstraße erreicht. Hier ließ der Wanderführer die Zeit vor fast 150 Jahren lebendig werden.
Bei der Reichgründung 1871 war Bietigheim eine Kleinstadt mit 3400 Einwohnern, die bereits nach 40 Jahren zu einer Stadt mit 6000 Einwohnern angewachsen war. Der Grund war die beginnende Industrialisierung in unserer Heimat. Die ersten großen Fabriken wurden gebaut. Es entstanden unter anderen die Schuhfabrik J. Sigle & Cie, später Salamander AG in Kornwestheim, die Zichorienfabrik Franck & Kathreiner in Ludwigsburg, die Kammgarnspinnerei und die Germania Linoleumwerke in Bietigheim.
Ausgangspunkt für die Ansiedlung der Linoleumwerke war die Erfindung des Linoleums in Nairn in England, eines Bodenbelags der anfangs nur in den Schlössern des Königreichs und des Adels Verwendung fand.1882 wurde auf dem Kontinent die erste Linoleumfabrik auf deutschem Boden in Delmenhorst und Berlin-Köpenick errichtet.
Alle diese Werke suchten nun in großem Maße Arbeiter aus dem Umland. Um die Arbeiter in ihrem neuen Beruf einzuarbeiten mussten ausgebildete Facharbeiter gefunden werden. Für diese Facharbeiter entstanden jetzt die Arbeitersiedlungen. Die Kammgarnspinnerei errichtete 9 Häuser mit insgesamt 54 Wohnungen für Facharbeiter aus dem Elsass, die Linoleumwerke ließen 22 Wohnhäuser für Facharbeiter aus Delmenhorst und Berlin-Köpenick bauen.
Mit Interesse besichtigte die Wandergruppe die schmucken Häuser des „Köpenicks“ mit den liebevoll gepflegten Grünanlagen und Gärten im inneren Bereich. Der Außenbereich der Häuser ist denkmalgeschützt und darf nicht verändert werden.
Entlang der Straße „Im Aurain“ mit den in neuerer Zeit gebauten Villen und der fantastischen Aussicht hinaus nach Westen, gab die abschließende Kaffeestunde genügend Raum für interessante Gespräche.