Museumsbesuche in Schwäbisch Gmünd

In Schwäbisch Gmünd angekommen, ging die Gruppe zügig in Richtung Marktplatz, um einer regionalen Besonderheit, einem Jahrgangsfest, beizuwohnen. Der Weg dorthin führte am 1828 im klassizistischen Stil erbauten Torhaus vorbei. Dieses lag damals am westlichen Zugang der Stadt an der Brücke über den Josefsbach und diente als Einnahmestation für das Pflastergeld, das beim Befahren der Oberamtsstadt zu entrichten war. Direkt dahinter befindet sich der markante Fünfknopfturm. Der Name kommt von den knopfartigen Aufsätzen, die auf jedem der drei erkerartigen Türmchen am Dach sowie zwei weitere auf dem Walmdach des Turmes angebracht sind. Der Turm wurde Anfang des 15. Jahrhunderts erbaut und war Bestandteil der äußeren Stadtmauer. Lange Jahre, noch bis ins 20. Jahrhundert, diente er als Feuerwachturm und bis in das Jahr 2003 war die Turmstube bewohnt. Über die Bocksgasse gelangte die Gruppe zum Turniergraben, der sich an die erste innere staufische Stadtmauer aus dem 13. Jh. anschloss, die eine Fläche von ca. 16 ha umfasste.

Am Marktplatz kam die Gruppe gerade rechtzeitig an, um den Umzug des Jahrgangs 1939 zu verfolgen. Die Teilnehmer des Jahrgangs, die Herren in Frack und die Damen in individueller Eleganz, ziehen unter großer Anteilnahme der Bevölkerung durch den Stadtkern. Sie werden von den Zuschauern mit Blumen und Geschenken bedacht. Der Höhepunkt des Straßenzuges findet vor der Johanniskirche statt: Es öffnet sich das oberste Fenster des Kirchturms, und drei Trompetenspieler blasen das Lied vom Alois an. Alle anwesenden Einheimischen singen mit: „Grüß de Gott, Alois“ und „Zahl a Maß, Alois“ sowie „Leck mi am A…., Alois“; dies als Hinweis auf das Sparsame oder das Rebellische im Schwaben. Bei der letzten Strophe drehen sich die AGVler um und zeigen dem Alois die Rückseite. Seit 1863 finden die Jahrgangsfeste statt, eine Tradition der Zusammenkunft der Jahrgänge im Altersgenossenverein (AGV), die weltweit nur in Gmünd und der näheren Umgebung vorkommt. Sie beginnen am zweiten Samstag im Juni zusammen mit dem Stadtfest mit dem 40er-Fest, jeweils eine Woche später folgen samstags die 50er, 60er, 70er und 80er. Der Jahrgangsverein der 80er löst sich im Jahr seines letzten Umzuges auf. 2018 wurden die Altersgenossenfeste in Schwäbisch Gmünd in die Liste des Immateriellen UNESCO-Kulturerbes in Deutschland aufgenommen.

An dieses Ereignis schloss sich nun eine kleine Runde durch die Stadt an. Vorbei am Löwenbrunnen aus dem 16. Jahrhundert ging es zum Münsterplatz. Den gusseisernen Brunnen zieren Wappen von Gmünder Geschlechtern und auf der reich verzierten Brunnensäule hält ein Löwe das Stadtwappen mit dem Einhorn. Auf dem Münsterplatz findet jeden Mittwoch und Samstag ein bunter Markt statt, der mit etwa 50 Ständen bestückt ist. Der Mittwochsmarkt ist urkundlich seit dem Jahr 1448 nachweisbar. In das von der berühmten Baumeisterfamilie Parler errichtete Heilig-Kreuz-Münster, größte gotische Hallenkirche Süddeutschlands, konnte nur ein kurzer Blick geworfen werden, da in der Zeit der ökumenische Gottesdienst für die Jahrgänger stattfand.

Weiter führte der Weg zum Josefsbach, der einst durch die ehemalige staufische Stadt floss. Beim Ausbau der Stadt wurde er umgeleitet, um als Graben ein Hindernis vor der Stadtmauer zu bilden. Nun ging es hoch zur ehemaligen Bahnstrecke, die das im Remstal gelegene Schwäbisch Gmünd mit Göppingen im Filstal verband. Heute ist dies ein beliebter Radweg, von dem sich eine herrliche Sicht auf die Innenstadt bietet. Wieder abwärts führte nun der Weg zum Stadtgarten mit seinem Rokokoschlösschen, seiner einzigartigen Sonnenuhr und seinem Geigerbrunnen. Er ist außerdem Bestandteil der Remstal-Gartenschau. Es sind herrliche Blumenbeete angelegt, die bei einer Rast betrachtet werden konnten.

Ausgeruht ging es nun zurück in die Altstadt, zum Besuch des Silberwarenmuseum, der ehemaligen Ott-Pauserschen Fabrik. 1845 errichtet und 1986 als erhaltenswertes Kulturdenkmal in das Denkmalbuch Baden-Württemberg eingetragen, ist es das älteste noch erhaltene Fabrikgebäude in Schwäbisch Gmünd.

Früher arbeiteten im Ott-Pauser Goldschmiede, Graveure, Ziseleure und Poliererinnen. Es war ein Produktionsort von Bijouterien, das heißt Schmuck und Silberwaren, wie Tabakdosen, Kerzenständer, Feuerzeuge und Essbesteck. Sie wurden hier in großer Stückzahl aufgelegt und in Arbeitsteilung produziert. Wer das Silberwarenmuseum heute betritt, unternimmt eine Reise in eine untergegangene Arbeits- und Lebenswelt, hin zu den Anfängen der Industrialisierung Schwäbisch Gmünds vor 150 Jahren. Kein anderer Ort zeigt den Alltag in einer Bijouteriefabrik so greifbar wie hier. Überall sind die Spuren vergangener Betriebsamkeit zu sehen. Fast alle Maschinen, ob Friktionsspindelpressen, Drahtziehbänke, Fall- und Krafthämmer und Walzwerke, standen hier bereits vor der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Noch immer lagern in Regalen hunderte von Stahlgesenken. An den Wänden haftet noch der Staub der Schleifarbeiten, und im Chefbüro liegen die alten Auftragsbücher, Bestelllisten und die Lohntabellen der Arbeiter. Ein ehemaliger Silberschmied führte die Gruppe durch das Museum und ließ durch seine Erklärungen und Vorführungen die alte Arbeitswelt wieder lebendig werden. So wurde der Besuch zu einem einzigartigen Erlebnis.

Nach den vielen Eindrücken war es nun an der Zeit, an das leibliche Wohlergehen zu denken. Nach einem kurzen Fußmarsch wurde das Lokal zur Schlusseinkehr erreicht. Bei guter Bewirtung und netter Unterhaltung verging die Zeit allzu schnell. Vor der Rückfahrt reichte es nochmal zu einem Gang durch den blumengeschmückten Stadtgarten.

Wieder zu Hause angekommen ging für alle ein mit vielen Eindrücken erlebnisreicher Tag zu Ende.