Museumstour 2019

Heftig fiel der Regen am späten Sonntagvormittag bei klammen Temperaturen vom trüben Himmel. Dennoch fanden sich am Bietigheimer Bahnhof ein gutes Dutzend Teilnehmer zur diesjährigen Museumstour der Ortsgruppe Bietigheim des Schwäbischen Albvereins ein. Diesmal war das Ziel die Ausstellung „Das Reich war uns kein Traum mehr“ im Kornwestheimer Museum im Kleihues-Bau.

Doch zunächst fuhr die Gruppe mit der S-Bahn bis Ludwigsburg, verließ dort den Zug und marschierte vom Bahnhof in östliche Richtung an den Gymnasien vorbei bis zur Friedenskirche. Nach Unterquerung der B 27 wandten sich die Albvereinler nach Süden und gingen die Königsallee hinauf. Linker Hand wurde das „Salon“ genannte Lustwäldchen passiert. Dieses wurde von Herzog Eberhard Ludwig angelegt und durch Lindenalleen mit dem Schloss und dem Schlossgarten verbunden. Nachfolgende Herzöge ließen großartige gartenbauliche Verschönerungen im „Salon“ vornehmen und u. a. Irrgärten, Rondelle und ein aus Hainbuchen zugeschnittenes künstliches Theater anlegen. In neuerer Zeit verschwanden die Anlagen jedoch allmählich zu Zwecken der Forstkultur. Erhalten blieb hingegen die „grüne Bettlade“, ein aus Hainbuchen bestehendes und mit Fenstern und Türen versehenes Viereck.

Südlich des „Salons“ erreichte die Gruppe sodann die Gebäude der diakonischen Einrichtung Karlshöhe. Ein sich durch den Anlagenkomplex schlängelnder Fußweg führte die Albvereinler auf freies Feld. Der Regendunst verhinderte hier zwar eine weitergehende Aussicht Richtung Kornwestheim und Stuttgart. Dafür stemmten sich die Wanderer beständig gegen Wind- und Regenböen und marschierten zügig an Schrebergärten und Feldern vorbei Richtung Kornwestheim. Die B 27 kam wieder in Hör- und Sichtweite. Davor ein kurzer Schwenk nach links und die ersten Häuser von Kornwestheim waren erreicht.

Über Fußwege, größtenteils abseits der Fahrstraßen, spazierten die Albvereinler durch die Ausläufer und östlichen Siedlungen von Kornwestheim Richtung Stadtzentrum. Über die B 27 hinweg empfing die Vereinsmitglieder auf der anderen Seite am Eingang des Stadtparks eine prächtige Douglasie. Durch die Parkanlage erreichte die Gruppe den Marktplatz, der den Park in westliche Richtung begrenzt. Wenige Meter weiter erhebt sich der markante Turm des von Paul Bonatz geplanten und 1935 fertiggestellten Rathauskomplexes. Im Turm ist ein Wasserspeicher integriert, der notwendig war, um die Wasserversorgung der schnell wachsenden Bevölkerung der Stadt sicherzustellen. Direkt am Marktplatz befand sich das Ziel dieser Tour, das Museum im Kleihues-Bau.

Bei der sich anschließenden Führung durch die erwähnte Ausstellung erhielt die Gruppe einen interessanten und informativen Überblick über die städtebauliche, industrielle und demographische Entwicklung Kornwestheims, insbesondere auch der gesellschaftlichen und politischen Umbrüche während der Jahre 1931 bis 1945. Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts wohlhabende bäuerliche Dorf mit rund 3.000 Einwohnern wuchs zur fast 10.000 Einwohner zählenden Gemeinde heran, so dass Kornwestheim 1931 zur Stadt erhoben wurde. Grund für diese Entwicklung waren u. a. die Gründung der Schuhfabrik „Jakob Sigle Cie. Kornwestheim“ – der späteren Firma „Salamander“ -, die Ansiedlung der Eisengießerei und Maschinenfabrik „Stotz“ und die verkehrsgünstige Lage mit der Stuttgarter Umgehungsbahn und dem zweitgrößten Verschiebebahnhof in Süddeutschland. Bald darauf gewannen die Nationalsozialisten schnell an Boden und konnten nach der Machtergreifung ohne großen Widerstand Verwaltung und örtliche Vereine gleichschalten. Durch die gleichzeitig betriebene Wiederaufrüstung wurde die Stadt alsbald zu einem wichtigen Militärstandort. Neben der vorhandenen Industrie und der Lage zwischen Stuttgart und Heilbronn wurde sie dadurch im Zweiten Weltkrieg zum Ziel alliierter Bomberverbände. Tote und Zerstörungen waren die Folge. Neben vielen Schautafeln, Fotos und Plakaten wurde die Ausstellung durch zahlreiche Alltagsgegenstände aufgelockert und veranschaulicht. Im Anschluss konnten die Albvereinler ihre während der Führung gewonnenen Erkenntnisse noch vertiefen.

Nun war es für die Gruppe an der Zeit neben ihrem Wissensdurst auch den leiblichen Durst und Hunger zu stillen. Wiedereinsetzender Regen trieb die Albvereinler im Eilmarsch vom Kleihues-Bau an der Nagel-Pforte des Rathauses vorbei zur Schlusseinkehr. Dort bestand ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich zu stärken und die Erlebnisse des Tages zu reflektieren.