Stadtbesichtigung in Schwäbisch Gmünd mit Besuch des Monsterkonzerts

Der Schwäbische Albverein Bietigheim lud zu einer Stadtbesichtigung der Gold- und Silberstadt Schwäbisch Gmünd ein. Ein zusätzlicher Höhepunkt zur Stadtführung war das Spektakel vieler Guggenmusikkapellen in der Stadt miterleben zu können, das immer zwei Wochenenden vor Faschingsdienstag stattfindet.

Zuerst stand jedoch eine Stadtführung auf dem Programm, die im Stadtgarten begann. Diesen Park mit seinem Rokokoschlösschen ließ Georg Franz Stahl, Edler von Pfeilhalden, Bürgermeister und Chef eines Handelshauses, 1780 auf Wunsch seiner Frau anlegen. Im Park befindet sich, ebenfalls eine von ihm in Auftrag gegebene, außergewöhnliche Sonnenuhr. Diese besitzt eine Ost-, Süd- und Westskala und ist somit in der Lage, über 16 Stunden die Zeit anzuzeigen. Da es in der Barockzeit noch keine MEZ gab und Gmünd auf 9° 48‘ östlicher Länge liegt, findet der Gmünder Mittag 21 Minuten nach MEZ statt. Will man MEZ, müssen 21 Minuten hinzugerechnet werden. Außerdem besitzt sie eine Wetterfahne, die über eine Achse und ein Getriebe auch die Windanzeiger antreiben. Diese besitzen 32 Striche, die vom Kompass der Seeleute abgeleitet sind. Zusätzlich werden allegorische Darstellungen für die Winde verwendet, z.B. für den Nordwestwind – eine Holländerin mit Haube und Fischkorb. Unweit davon befindet sich der Geigerbrunnen, der die Gestalt „Des Geigers zu Gmünd“ darstellt (nach einem gleichnamigen Gedicht von Justinus Kerner von 1816, das auf einer Sage beruht).

Vorbei am 1828 in klassizistischem Stil erbauten Torhaus am westlichen Zugang zur Stadt, welches als Einnahmestation für das Pflastergeld beim Befahren der Oberamtsstadt diente und an der Brücke über den Josefsbach, gelangte die Gruppe zum Fünfknopfturm. Dieser markierte in der Reichsstadtzeit bis 1802 die westliche Stadtgrenze an der dortigen Stadtmauer. Die äußere Schale mit den Buckelquadern stammt aus der Stauferzeit, das Innengerüst und der Dachstuhl aus der Zeit um 1424, die Dacherker wurden allerdings erst Ende des 16. Jahrhundert aufgesetzt. Er ist einer von ehemals 24 Türmen, von denen heute noch sechs erhalten sind.

Weiter ging es nun in die Innenstadt, vorbei am Turniergraben der ritterlichen Spielen diente. Dieser lag außerhalb der älteren, staufischen Stadtmauer. Nächstes Ziel war die 1285 vom Bettelorden der Augustiner-Eremiten gegründete und im spätgotischen Stil erbaute Klosterkirche Dies wurde 1756 durch den in Gmünd allgegenwärtigen Stadtbaumeister J. M. Keller barockisiert. Sehenswert sind die Fresken im Chor und im Langhaus, die von Johann Anwander gestaltet wurden, und die Begebenheiten aus dem Leben des Heiligen Augustinus zeigen.  Unweit davon konnte das wohl imposanteste Bauwerk Gmünd’s, das Heilig-Kreuz-Münster, die älteste süddeutsche Hallenkirche aus der Zeit der Gotik, bestaunt werden. Seine Höhe beträgt 51 Meter, wobei die Höhe bis zum Dach 22 m, das Dach selbst 19 m und die des Dachreiters 10 m beträgt. Die Länge des Münsters ist 78 Meter, wobei das Kirchenschiff 45 m und das Chor 33 m misst. Erbaut wurde es zwischen 1330 und 1521 an der Stelle einer etwa 200 Jahre älteren romanischen Vorgängerkirche. Diese hatte zwei Türme, die ursprünglich um 1210 an sie angefügt waren und für das Münster übernommen wurden. 1497 ereignete sich die große Katastrophe – in der Karfreitagnacht stürzten beide romanischen Türme ein, verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand.

Gleich nebenan befindet sich ein 1227 erbautes romanisches Steinwohnhaus, welches dann allerdings als Ersatz für die eingestürzten Türme des Münsters zum Glockenturm umgestaltet wurde, da deren Einsturz vorauszusehen war. Bis heute dient er diesem Zweck, da ein Neubau der Münstertürme nie in Angriff genommen wurde.

Der weitere Weg führte vorbei an der „Fuggerei“, die ihren Namen nach Anton Graf Fugger zu Kirchberg und Weissenhorn hat, der hier 1601 seinen Wohnsitz nahm. Die Fuggerei ist eines der ältesten erhaltenen Steinhäuser der Stadt mit romanischen Mauerresten. Es ging durch die „Brandstatt“, der Name des Stadtquartiers geht auf einen Brand zurück, der im Jahr 1793 die gesamte Bebauung vernichtete. Statt einer Wiedererrichtung der untergegangenen Anwesen entschloss man sich angesichts der herrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu, hier Gärten einzurichten. Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurden diese Gärten Standort für industrielle Ansiedlung. Zum imposanten Kornhaus wurde ein im Jahr 1507 errichtetes 6stöckiges Fachwerkgebäude, das als Korn- und Nahrungsspeicher diente. Es sollte die gesetzlich geregelten Vorräte der Reichsstadt sowohl für Friedens- als auch Kriegszeiten sichern.

Die Stadtrunde wurde nun am Marktplatz unterbrochen, um sich an Ständen mit Speis‘ und Trank zu versorgen. Nebenbei konnte das Treiben verschiedener Guggenmusikkapellen beobachtet werden. Es gehörte schon viel Überzeugungskraft dazu, um die Gruppe auf den Rest der Stadtrunde einzuschwören.

Weiter ging es zum Königsturm, der von 1405 – 1407 erbaut wurde, mit 39 m der höchste aller Türme. Er diente als Hochwacht und wurde 1546 im Schmalkaldischen Krieg stark beschädigt, stellenweise abgebrochen und im Jahr 1569 wieder neu aufgebaut. Im 17. und 18. Jahrhundert wird der Turm im Untergeschoss als Gefängnis genutzt – zum Rinderbacher Torturm. Seine jetzige Form bekam er in den Jahren 1418 bis 1420. Das Torhaus und die steinerne Brücke wurden 1601 erbaut, Es ging zum Wasserturm, durch dessen Bogenöffnung einst der Höferlesbach floss, der zur Versorgung der städtischen Mühlen diente, in die Stadt hinein. Erste Teile stammen von 1400, die Turmstube wie das aus Tannenholz gefertigte Dachwerk sind dagegen einheitlich auf die Jahre 1480 zu datieren.

Jetzt wurde der Beschluss gefasst, die Stadtrunde zu kürzen, um mehr Zeit für das närrische Treiben zu haben. Es ging über den „Kalten Markt“, der nach einem Vieh- und Krämermarkt benannt ist, der hier in der kälteren Jahreszeit stattfand. Dieser wurde noch bis Mitte der 50er Jahre abgehalten. Weiter ging es zum Mühlbergle, hier befand sich die Nikolausmühle, eine von insgesamt zwölf Stadtmühlen. Wann diese Mühle stillgelegt wurde ist nicht belegt, das Mühlrad wurde 1957 abgebrochen. Nächstes Ziel war das Spital zum Heiligen Geist. Es ist ein Komplex mit großem, begrüntem Innenhof am nördlichen Marktplatz und wurde als Hospiz der Spitalbrüder 1269 gegründet. In der Reichsstadtzeit wurde es zum größten Grundbesitzer im Gmünder Raum, was ihm unter anderem ermöglichte, sich selbst zu versorgen. Den Status als Selbstversorger behielt das Spital bis 1951. Bis zu seiner Auflösung 1984 galt das Spital als das älteste bestehende Krankenhaus Deutschlands.

Jetzt stand der letzte Punkt der Stadtbesichtigung an, der großzügig angelegte Marktplatz. Die mittelalterliche, kleinparzellige Aufteilung der Bebauung hat sich über die Jahrhunderte erhalten. Für das heutige prägende Erscheinen des Platzes ist der Stadtbaumeister Johann Michael Keller verantwortlich. Sein Stil lässt sich bei den meisten Gebäuden erkennen. Bei den barocken Neubauten wurden häufig die Fundamente der Vorgängerbauten genutzt. Die Gebäude verfügen hauptsächlich über drei Stockwerke und haben etwa dieselbe Höhe. Zumeist sind die Giebel zum Marktplatz ausgerichtet. Heute stehen die meisten der Häuser am Platz unter Denkmalschutz. Den Abschluss bildete die Johanniskirche, deren Gründung soll auf folgende Sage zurückgehen. Agnes von Hohenstaufen, die Tochter Kaiser Heinrichs IV. und Gemahlin des Herzog Friedrichs von Staufen, verlor bei der Jagd im Remstal ihren Ehering. In ihrer Verzweiflung gelobte sie, dass sie an der Fundstelle des Eherings eine Kirche bauen lasse. Der Ring soll an der Stelle der späteren Johanniskirche im Geweih eines erlegten Hirsches gefunden worden sein. Erbaut wurde sie zur Stauferzeit, zwischen 1210 und 1250 durch eine Gruppe aus Sachsen gekommener Steinmetze. Die romanische Johanniskirche ist der Edelstein unter den Kirchen in Gmünd und ist Johannes dem Täufer geweiht. Bedeutsam ist die reiche, überbordende Fassadenplastik. Die thronende Gottesmutter am Südwesteck ragt heraus. Es faszinieren das seitliche Löwen-Portal, daneben die Kreuzigungsgruppe, das Hauptportal mit dem für die Romanik typischen am Kreuz thronenden Christus, die Jagd- oder Georg-Szene an der Westwand, die Fratzen, Ungeheuer und vielen Tierdarstellungen an den Seitenfriesen (Schweinsköpfe mit Drachenschwänzen, Vogelköpfe mit Fischschwänzen, Lilien, Vögel, Drachen, Menschenköpfe, Pelikane, Eulen, geflügelte Tiere und Affen). Als „schönster romanischer Kirchturm in Schwaben“ gilt ihr Turm. Der Turm ist in drei Abschnitte gegliedert. Auf das quadratische Fundament folgen lange Schrägflächen, die von einer rechteckigen in eine quadratische Form überleiten. Den Schluss bildet die zweistöckige, achteckige Glockenstube, die von einem Spitzhelm gekrönt wird. Die Bögen der Schallöffnungen der Glockenstube lassen schon frühe gotische Elemente erkennen.

Jetzt aber war Schluss der Stadtführung, und die Gruppe konnte sich etwa 2½ Stunden ganz dem Treiben der Guggenmusiker hingeben. Teilweise fand dies auf dem Marktplatz und dem Johannisplatz statt, wo Bühnen aufgebaut waren, und die Gruppen in verschiedensten originellen Kostümen bestaunt und ihren schrägen Musikdarbietungen „gelauscht“ werden konnte. Auch in Lokalen waren diese zu erleben, wobei ihr Spiel schon ohrenbetäubende Züge annahm. Vom vereinbarten Treffpunkt ging es dann zum Bahnhof, wobei die Gruppe immer wieder von dem Treiben eingeholt wurde. Wieder zu Hause angekommen ging ein etwas anderer, abwechslungsreicher Wandertag zu Ende. Der abschließende Tenor war, das machen wir das nächste Jahr wieder!

Gruppenbild Guggenmusiker Guggenmusiker Guggenmusiker Guggenmusiker Fünf-Knopf-Turm Kornhaus Geigerbrunnen mit Justinus Kerner