Unterwegs im Jagsttal

Am ersten Sonntag im Mai machte sich eine Gruppe des Schwäbischen Albvereins auf zu einer Rundtour im unteren Jagsttal. Bereits nach einer knappen Stunde war der Ausgangspunkt Untergriesheim mit dem Zug erreicht. Von dort aus führte der Weg bei noch angenehmen Temperaturen bergan auf den Höhenrücken zwischen Jagst- und Kochertal. Am höchsten Punkt angelangt, konnte man den weiten Blick ins Land und auf die umliegenden Orte genießen. Im Südwesten zeichnete sich die Silhouette des Großkraftwerks in Heilbronn deutlich gegen den Horizont ab, im Nordosten waren es die Windkraftanlagen im Harthäuser Wald an der A 81 bei Möckmühl. Auch das nächste Etappenziel, das badische Herbolzheim mit seinem markanten Bergfried, lag den Wanderern zu Füßen.

Auf einem von Obstbäumen gesäumten Weg ging es nun gemütlich hinab bis ins Zentrum des Ortes, an dem schon in der Steinzeit Menschen siedelten. Im Zuge der Ungarneinfälle wurde die Siedlung um ca. 910 an den heutigen Standort am linken Jagstufer verlagert, wo auch ein befestigter Herrenhof der Lehnsherren entstand. Zwischen 1100 und 1200 folgte die Burg oberhalb des Ortes. Sie war eine der stattlichsten Anlagen im unteren Jagsttal, hatte aber wohl nicht sehr lange Bestand. Als Herbolzheim 1361 in den Besitz der Mainzer Kurfürsten kam, war sie vermutlich bereits eine Ruine. Nach einem kurzen Anstieg verschafften sich die Wanderer vor Ort einen Überblick über die wenigen noch sichtbaren Reste. Neben dem restaurierten Bergfried sind dies die Mauern der ehemaligen Zwingeranlagen. Alles andere fiel der jahrzehntelangen Nutzung als Steinbruch zum Opfer.

Nur noch wenige Kilometer trennten die Gruppe nun von Neudenau, dem nächsten Zwischenstopp. Auf dem Weg dorthin begleitete immer wieder der Gesang der Nachtigall die Wanderer. Während der Brutzeit ist er auch tagsüber zu hören. Kurze Zeit später tauchte die mittelalterliche Altstadt von Neudenau an der entgegengesetzten Talseite auf. Die Stadt wurde 1251 erstmals urkundlich erwähnt und kam kurze Zeit nach Herbolzheim zum Herrschaftsbereich der Mainzer Kurfürsten ehe sie dann ebenfalls badisch wurde. Die Gruppe überquerte an dieser Stelle die Jagst und stieg zum Stadtzentrum auf, wo sie am Marktplatz eine kurze Pause einlegte. Das Rathaus ist seit seiner Erbauung im Jahre 1587 durchgehend Sitz der Stadtverwaltung und beherbergte früher im Erdgeschoss eine kleine Markthalle. Nicht nur an ihm, sondern auch an vielen anderen Fachwerkgebäuden rund um den Marktplatz findet sich immer wieder das sogenannte „Mainzer Rad“ als Zeichen der früheren Herrschaft. Auch im Stadtwappen ist es erhalten geblieben.

Über einen ruhigen Spazierweg verließ die Gruppe Neudenau und erreichte nach einem längeren Anstieg die Höhe oberhalb des rechten Jagstufers. Allmählich legte sich die Mittagshitze über die Landschaft und so waren die Wanderer froh, am Waldrand eine längere Pause einlegen zu können. Auch danach verlief der Weg im kühlen Schatten der Bäume vorbei an der Herbolzheimer Waldkapelle und durch ein weites Bärlauchfeld hinunter bis zur Mündung der Schefflenz in die Jagst. Es folgte nochmals ein letzter steiler Anstieg, der mit einem Blick auf die Wallfahrtskirche von Höchstberg belohnt wurde. Sie liegt etwas abseits des Ortes und wurde 1328 erstmals erwähnt. Die alte Kirche wurde im Krieg zerstört und danach durch den heutigen Neubau ersetzt. Nicht nur hier, sondern auch an mehreren Gedenkstätten entlang des Weges zeigte sich, wie umkämpft die Gegend um die Jagst in den letzten Kriegstagen war.

Die Wanderer strebten nun dem Ausgangspunkt Untergriesheim entgegen. Einen letzten Halt machte die Gruppe an der Bergscheuer. Sie ist der letzte Überrest eines Wirtschaftshofes der Herren von Gemmingen, der nach der Reformation aus einem früheren Kloster an dieser Stelle hervorgegangen war. Nach dem Verkauf an die Gemeinde Höchstberg wurden alle Gebäude mit Ausnahme der Scheuer zu Beginn des letzten Jahrhunderts abgebrochen. Heute dient die Bergscheuer als Naherholungs- und Festplatz. Von hier aus ging es nun auf unzähligen Treppenstufen ins Tal hinunter, wo die Gruppe ein letztes Mal die Jagst überquerte. Kurze Zeit später war die Schlusseinkehr in Untergriesheim erreicht, wo die Wanderer sich bei einem späten Mittagessen und kühlen Getränken von den zurückgelegten Kilometern erholten.