Wandern im unteren Remstal

Mit dem Zug und Bus ging es nach Stetten. Dessen erste Besiedelung dürfte etwa um das Jahr 800 geschehen sein, urkundlich wird jedoch zum ersten Mal das Jahr 1241 genannt. In diesem Jahr tritt bei einem Vertragsabschluss zwischen den Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg und dem Kloster Heilig Kreuztal bei Ehingen an der Donau ein “Eberhard Truchseß von Stetten” als Urkundszeuge auf. Jedoch bereits in der Mittleren Steinzeit war das heutige Stetten besiedelt. Es wurden Pfeilspitzen und Abschläge von Bearbeitungen aus dieser Epoche gefunden. Aus der Jungsteinzeit wurden Tongefäße, Speer- und Pfeilspitzen, Schaber, Messerteile, Steinbeile, Reste von Häusern und Feuerstellen gefunden. 1973 wurde hier auch ein Alemannengrab entdeckt. Nachdem 1507 der zur Reichsritterschaft gehörende Konrad Thumb von Neuburg vom Haus Württemberg den restlichen Teil von Stetten erworben hatte, gehörte der “Reichsflecken” ganz zur Ritterschaft. 1666 übernimmt das Haus Württemberg die ganze Herrschaft Stetten als Privateigentum, das zur Verwaltung der Hofkammerschreiberei zugewiesen wird. Das Schloss war zeitweise der Witwensitz der Herzoginnen. Die beliebte Herzogin Magdalena Sibylla ließ 1682 die Schlosskapelle mit fromm-pietistischen Bildern ausmalen und mischte auch politisch kräftig mit. Auch die weniger beliebte Mätresse ihres Sohnes Herzog Eberhard Ludwig, Wilhelmine von Grävenitz, residierte 19 Jahre lang als Ortsherrin in Stetten. Seit 1864 beherbergt die Schlossanlage die Diakonie Stetten.

Stetten war vor 1945 fast ausschließlich landwirtschaftlich orientiert. Diese Tatsache ist heute noch – auf der Gemarkung wird die zweitgrößte Rebenanbaufläche des Remstals bewirtschaftet  – im älteren Teil des Dorfes an den landwirtschaftlichen Gehöften zu erkennen. Erst nach 1945 entstanden die Ortsteile, in denen im großen Umfang Wohnsiedlungen entstanden und sich Gewerbebetriebe festsetzten.

Der Weg durch den Ort führte zuerst zur Glockenkelter. Deren erste überlieferte Erwähnung stammt aus dem Jahr 1582. Woher der Name „Glockenkelter“ stammt, ist unbekannt. Im Jahr 1744 wurde hier eine Stettener Glocke umgegossen, doch der Name bestand schon vorher. Möglicherweise trug das Bauwerk ursprünglich einen Dachreiter mit einer Glocke. Um 1785 wurde ein Neubau mit freitragendem Dachstuhl ohne Glockentürmchen errichtet. Der Schlussstein über einem der Zugänge trägt die Jahreszahl 1786 und die Inschrift „C. H. Z. W.“ für „Carl Herzog zu Wirtemberg“. Die Kelter dient heute ausschließlich kulturellen Veranstaltungen. Etwas oberhalb befindet sich die sogenannte Königskelter, die dem Hofkammergut „Herzog von Württemberg“ gehört.

Durch die ehemalige Obere Gasse ging es weiter, vorbei an historischen Wengerterhäusern mit imposanten Kellerportalen. In einem dieser befindet sich das „Museum unter der Y-Burg“, es ist heute das offizielle Heimatmuseum von Kernen-Stetten. Im Erdgeschoss finden Sonderausstellungen zu wechselnden Themen statt, im 1. Obergeschoss wird eine Dauerausstellung über den Stettener Afrikaforscher Karl Mauch sowie über das Leben des Lehrers und Künstlers Andreas Friedrich Mochel gezeigt. Im 2. Obergeschoss befindet sich eine Ausstellung, „Vom Flachs zum Hemd“ sowie eine Schuhmacher- und eine Schreinerwerkstatt und eine Kammer.

Die evangelische Dorfkirche wurde im Jahr 1349 von den Truchsessen Wilhelm und Graf von Stetten gestiftet und 1488 dem heiligen St. Veit, einem Schutzpatron der Winzer, geweiht. Das Gebäude wurde im Jahr 1698 unter der Herzogwitwe Magdalena Sybille durch einen Umbau vergrößert, 1828 wurde der alte und baufällige Turm durch den heutigen, im „Campanilestil“ gebauten Turm ersetzt. Der ehemalige „Veitsaltar“ der Kirche steht heute im Württembergischen Landesmuseum.

Von hier ging es nun hoch zur Yburg. Auf dem Weg befanden sich mehrere Tafeln mit Informationen zum Thema Weinanbau. Gerade noch rechtzeitig kam die Gruppe oben an, denn ein kräftiger kalter Wind mit Regenschauer kam auf und da bot diese doch etwas Schutz. Das vorgezogene Aprilwetter dauerte jedoch nicht lange an. Die in und um die Burg aufgestellten Skulpturen der Künstlerfamilie Nuss konnten nun besichtigt werden. Die von Weinbergen umgebene Yburg wurde im frühen 14. Jahrhundert von den Truchsessen von Stetten als reine Wohnburg erbaut und verfügte über keinerlei Verteidigungsanlagen. Sie wurde nicht auf einer Anhöhe, sondern in den Hang hinein gebaut. Da die Burg keinen eigenen Brunnen besaß, musste das Wasser über die Burgsteige vom Tal herauf getragen werden. Dies war auch der Grund, weshalb die Herren von Yberg (1384 – 1387) eine Wasserburg, das heutige Schloss, im Tal errichteten und ihren Sitz dorthin verlegten. Nach deren Bau verlor die Yburg allerdings zusehends wieder an Bedeutung für die Stettener Herrschaft. Hans von Yberg verkaufte 1443 die Burg mitsamt seinem Anteil am Dorf an das Haus Württemberg. Die 1598 als baufällig beschriebene Burg wurde 1659 wieder instandgesetzt und erhielt ein viertes Stockwerk. Auf Befehl des Herzogs Carl Eugen von Württemberg erfolgte schließlich 1760/61 der Abriss der Burganlage bis auf die heute noch sichtbaren Außenwände.

Weiter durch die renommierten Weinlagen Pulvermächer, Lindhälder und Brotwasser führte der Weg die Gruppe in Richtung Strümpfelbach. Die direkt bei der Ruine Yburg gelegenen bis zu 60% steilen Terrassen des Brotwassers sind seit langer Zeit für hochfeine Riesling-Weine von sehr guter Lagerfähigkeit bekannt. Der Name geht auf eine Stettener Hofdame des 17. Jahrhunderts zurück, die sich den damals üblichen Krug zum Aufweichen des trockenen Brotes bei Tisch statt mit Wasser mit ihrem Lieblingswein füllen ließ.

Entlang des weiteren Wegs waren Tafeln mit Informationen zu den vielfältigen Weinsorten angebracht. Ebenso bot sich ein weiter Blick in die Landschaft über das Stuttgarter Becken hin zum Baiselsberg, der höchsten Erhebung des Strombergs, zum Lemberg, den drei Köpfen, Korber Kopf – Hörnleskopf – Kleinheppacher Kopf, die den Eingang zum Remstal bilden und nach Buoch dem höchstgelegenen Ort des Remstals. Hinab ging es nun nach Strümpfelbach zur Schlusseinkehr. Bei guter Bewirtung und netter Unterhaltung verging die Zeit bis zur Rückkehr allzu schnell. Wieder in Bietigheim angekommen war die Meinung der Teilnehmer einen zwar kurzen, aber trotzdem erlebnisreichen Wandertag verbracht zu haben.