Jahresabschlussspaziergang 2021

Herrlicher Sonnenschein lockte eine stattliche Anzahl von Teilnehmern aus ihren Stuben heraus, um sich ein letztes Mal im Jahr auf Tour zu begeben. Statt einer winterlichen herrschte allerdings eine fast schon spätsommerliche Temperatur. Nach der Begrüßung der Teilnehmer führte nun der Spaziergang vom Ku(h)riosum beginnend auf dem Bietigheimer Rundweg 1 durch und um die Stadt. Durch das Untere Tor ging es hoch zum Marktplatz. Zu einigen Sehenswürdigkeiten erhielt die Gruppe dann genauere Informationen.

Zum Marktbrunnen:
Dieser war einst der ehemalige Hauptbrunnen der Stadt, welcher über Holzrohrleitungen, sogenannte Deicheln, von dem beim Friedhof jenseits der Metter gelegenen Essigberg, mit Quellwasser gespeist wurde.

Zum Rathaus:
Dieses wurde im 16. Jahrhundert erbaut. Da Bietigheim durch seinen Weinbau Reichtum erlangte, sollte dieses auch etwas hermachen, davon zeugen viele Schmuckelemente daran. Wie z.B. der Verkünderker und die Uhr mit der Mondphasenanzeige. Im Dachgeschoss lagerten die Ledereimer, welche zur Brandbekämpfung dienten. Jeder Bürger der Stadt hatte die Pflicht, einen bereitzustellen. Mit diesen wurden dann zur Brandbekämpfung Eimerketten von den Brunnen oder den Fließgewässern gebildet.

Da es in der Zeit noch kein Internet und Telefon gab, dienten Glocken zur Information der Bürger. Jede einzelne hatte einen anderen Ton und einen anderen Zweck. Die auf dem Rathaus alarmierte die Bevölkerung zur Einfindung bei Verkündung von Mitteilungen oder im Brandfall. Die Kirchenglocken riefen zum Gottesdienst und dienten der Zeitansage. Die auf den Stadttoren zeigten an, dass in Kürze die Tore der Stadt geschlossen werden. Jeder, der sich außerhalb aufhielt, beeilte sich nun, sich in den Schutz innerhalb der Stadtmauer zu begeben. Daher stammt auch der Ausdruck Torschlusspanik. Denn wer es nicht schaffte hineinzukommen, war allerlei Gesindel schutzlos ausgeliefert.

Das Hornmoldhaus:
In den Jahren 1535/36 erbaute der Bietigheimer Vogt Sebastian Hornmold auf dem ihm von Herzog Ulrich überlassenen Grundstück ein prächtiges Wohn- und Geschäftshaus. Noch heute prägt das Haus das Stadtbild und vermittelt das Lebensgefühl der Bürger in einer aufstrebenden Landstadt. Die aufwändige Fachwerkarchitektur und seine nahezu vollständig erhaltene Innenausmalung machen das Hornmoldhaus zu einem der bedeutendsten Bürgerhäuser der Renaissance in Südwestdeutschland. Zwischen 1979 und 1986 wurde es aufwändig restauriert und dient heute als Stadtmuseum.

Weiter ging es nun zur Stadtkirche:
Diese wurde auf dem Trümmerfeld der um 1290 bei einer Fehde durch Graf Eberhardt II. zerstörten Ganerbenburg errichtet. Der Bau geht wohl auf die Initiative der Gräfin Antonia Visconti (ⴕ 1405) zurück, den ihr Gatte Graf Eberhard III. der Milde (1364 – 1417) vollenden ließ. Sie wollte den Bürgern den beschwerlichen Gang zur jenseits der Metter gelegenen Pfarrkirche St. Peter beim Friedhof ersparen. Die heutige Friedhofskirche St. Peter war bis 1411 die einzige Kirche in Bietigheim. Es dauerte jedoch noch 85 Jahre bis sie sämtliche Pfarrrechte erhielt. Da der Bischof von Speyer sich weigerte, diese auf die neue Kirche zu übertragen. Bis dahin durften in der neuen Stadtkirche nur Frühmessen abgehalten werden.

Das nächste Ziel war die Kelter:
Sie war zentrale grundherrliche (Burg-)Kelter. Nach Zerstörung durch den Bergfriedeinsturz wurde sie 1542 auf ihre heutige Größe erweitert. 1762 wurde sie durch Brand nach Blitzeinschlag abermals zerstört und unmittelbar danach wiedererrichtet. Sie besitzt unter dem Walmdach einen stützenfreien Innenraum mit Hängewerkskonstruktion für 4 Weinpressen („Kelterbäume“). 1983/84 wurde sie saniert und zum Veranstaltungsraum ausgebaut. Während der Weinlesezeit wird sie heute allerdings immer noch von den Bietigheimer Wengertern zum Keltern ihrer Weine genutzt.

Weiter führte der Weg zum Waschhaus:
Es ist das einzig erhaltene von ehemals drei städtischen Waschhäusern. Seine Wasserversorgung erfolgte durch den unmittelbar davorstehenden Schieringerbrunnen, der sich bis 1938 dort befand. Direkt daneben stand das ehemalige Schieringer Tor, der nördliche Zugang zur Stadt. In der stadtseitigen Mauer des Waschhauses befindet sich eine württembergische Wappentafel von 1472. Die Tafel stammt wohl vom äußeren Tor des Schieringer Tores und beweist die Zugehörigkeit Bietigheims zur Uracher Landeshälfte während der württembergischen Landesteilung 1442-82. Ein Kuriosum ist, dass das Wappen seitenverkehrt gearbeitet wurde.

Im 20. Jahrhundert befand sich darin die städtische Freibank zum Verkauf von Fleisch aus Notschlachtungen.

Wenn wir jetzt die Schieringerstraße hinabschauen sehen wir eine Vielzahl an sehenswerten Fachwerkhäusern. Etwas zu deren unterschiedlicher Farbgebung: Die einfachste und billigste Farbe war das Grau, welche aus Ruß mit Kalk hergestellt wurde. Die etwas teurere war die Farbe Rot, welche aus Eisenoxyd mit Kalk bestand. Die teuerste war die Farbe Ocker, welche aus den Ockergruben der Lausitz gewonnen wurde und die sich nicht jeder leisten konnte. Sie war auch die Modefarbe der Renaissance.

Über die Lugstraße ging es nun aufwärts in Richtung der Aussichtsplatte. Nach links führte der Weg die Gruppe unterhalb der Flurstücke Nadeläcker und Hutstütze weiter. Von hier bot sich eine weite Sicht zum Stromberg mit seiner höchsten Erhebung mit 477 m, dem Baiselsberg, weiter zu den Höhen des Nordschwarzwalds und im Süden zum Hohenasperg und der dahinterliegenden Filderebene mit dem weithin sichtbaren Stuttgarter Fernsehturm.

Vorbei an einer Rebanlage führte der Weg jetzt abwärts durch die nördlich und südlich der Löchgauer Straße gelegenen Wohngebiete zur Metter. Dieser folgte die Gruppe nun zum Japangarten, dem Ende des Spazierganges.

Hier verabschiedete nun der Wanderführer die Teilnehmer im Namen des Schwäbischen Albvereins mit den besten Wünschen für das Neue Jahr und der Hoffnung auf ein gesundes Wiedersehen bei den Unternehmungen in 2022.